Immer am Limit

Über wenige Fußballtrainer ist hierzulande so viel geschrieben worden, wie über Christoph Daum. Das liegt an seiner extrovertierten, nie um einen Spruch verlegenen Art und natürlich an der Kokain-Affäre, die im Jahr 2000 den deutschen Fußball erschütterte. In seiner Autobiografie „Immer am Limit“ schildert der Erfolgstrainer die wichtigsten Stationen seines Lebens aus seiner Sicht. Wie von Daum gewohnt, nimmt er kein Blatt vor den Mund.

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Mroskos Talente

Ronald Reng zeigt in „Mroskos Talente. Das erstaunliche Leben eines Bundesliga-Scouts“ die verborgenen Seiten des Profifußballs. Mit seinem Protagonisten Lars Mrosko nimmt er uns mit auf Scouting-Reisen durch Europa und in die Geschäftszimmer der Proficlubs bei Vertragsverhandlungen. Wir erleben einen euphorisierten Lars Mrosko, wenn der ein Juwel entdeckt zu haben glaubt und einen niedergeschlagenen, wenn der neue Trainer seines Vereins keine Verwendung mehr für ihn hat. Wie immer schafft es Reng meisterlich, das Große im Kleinen zu zeigen.

Lars Mrosko stammt aus einer Hochhaussiedlung in Berlin-Neukölln. Irgendwie schafft er es, Nachwuchstrainer und -scout bei TeBe Berlin zu werden. Zu einer Zeit, als Mirko Slomka dort Nachwuchsleiter ist. Er macht einen guten Job und so wird der FC Bayern auf Mrosko aufmerksam. Die Münchner engagieren ihn als Scout für Nachwuchs in Berlin und Brandenburg. Das geht eine ganze Weile gut und wäre vielleicht noch viel länger gut gegangen, wenn Mrosko nicht ein Getriebener wäre. Beim FC St. Pauli soll er mehr Verantwortung haben, also wechselt er nach Hamburg. Nur, um nach kurzer Zeit festzustellen, dass im Club nicht das viel beschworene Familiengefühl herrscht, sondern mehrere Faktionen gegeneinander intrigieren.

Ronald Reng, Lars Mrosko, Bundesliga, Scout
Das Leben von Scout Lars Mrosko ist ein ständiges Auf und Ab.

Lars Mrosko wechselt nach Wolfsburg, wo Felix Magath als starker Mann das Sagen hat. Mit dem kernigen Magath kommt der Berliner gut zurecht. Magath wirkt in kaum einer Publikation so positiv, wie in den Worten von Reng nach Mroskos Schilderungen. Die Zeit in Wolfsburg ist für Lars Mrosko vielleicht die schönste. Er ist an der Entdeckung von Edin Dzeko beteiligt und feiert mit dem VfL die deutsche Meisterschaft. Der Abgang von Felix Magath besiegelt aber auch das Ende von Mrosko bei den Wölfen. Mit Magaths Nachfolger Dieter Hoeneß kommt Mrosko nicht zurecht und schreit ihn eines Tages vor dessen eigenem Schreibtisch wegen eines Missverständnisses an.

Weil er anschließend keine Anstellung als Scout mehr findet, macht Mrosko sich als Spielerberater selbstständig. Anstatt aber auf sein altes Netzwerk aus befreundeten Scouts setzen zu können, wenden diese sich von ihm ab. Reng schildert das Telefon als Taktgeber des Lebens der Spielerberater. 15 oder 20 Anrufe beim Sportdirektor eines Drittligisten, um einen seinen Spieler unterzubringen, sind die Regel, nicht die Ausnahme. Und um die Provision gibt es oft genug auch noch Streit. Als sich die Hoffnung auf eine Rückkehr zum VfL Wolfsburg im Windschatten von Felix Magath zerschlägt, endet Rengs Erzählung, wo sie angefangen hat. In den Hochhäusern von Berlin-Neukölln.

„Mroskos Talente“ ist erneut ein tolles Buch von Ronald Reng und all jenen dringend als Lektüre empfohlen, die einen Blick hinter die Kulissen des Profifußballs werfen wollen.

Reng, Ronald: Mroskos Talente. Das erstaunliche Leben eines Bundesliga-Scouts. Piper 2015. 416 Seiten.

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Einen längeren Auszug des Buches gibt es auf den Seiten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich

„Danke, 1Live, dass die größte Bitch im deutschen Fußball bei euch über Vertragstreue sprechen darf.“ (S. 130) In diesem Zitat aus „Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich“ von Ansgar Brinkmann und Autor Peter Schultz ist schon vieles von dem drin, was das Buch ausmacht. Ansgar Brinkmann war Fußballprofi in den drei höchsten Ligen in Deutschland und hat sich vor allem im Westen der Republik getummelt. Immer einen guten Spruch auf den Lippen war er meist Publikumsliebling und kann sich auch heute noch in Bielefeld, Münster und Osnabrück blicken lassen, obwohl er mehrfach bei jedem dieser nicht eben freundschaftlich verbundenen Clubs unter Vertrag stand. Der WDR-Radiosender 1Live lässt ihn seit einigen Jahren in der Kolumne „Der weiße Brasilianer“ das aktuelle Geschehen der Bundesliga kommentieren. Das Buch hält die besten Ausgaben fest.

Immer für einen guten Spruch zu haben: Ansgar Brinkmann.

Ansgar Brinkmann ist einer dieser Spieler von denen heißt, wenn Talent und Lebenswandel zusammengepasst hätten, wäre das eine ganz große Karriere geworden. Er ist aber, das vermittelt das Buch immer wieder, mit sich und seiner Karriere vollkommen im Reinen. Natürlich vermarktet er das Image des natürlichen, gradlinigen Typen, der öfter angeeckt ist und stets einen lockeren Spruch auf den Lippen hat. Das macht er aber glaubwürdig und überhaupt nicht unsympathisch. Deshalb ist es auch in Ordnung, wenn sich im Buch zwei, drei Anekdoten mal wiederholen. Aufgezeichnet sind die kurzen Episoden, die meist zwei Seiten füllen, zwischen 2013 und 2016.

Einer der Hauptgründe, weshalb das Buch mich mehrfach zum Schmunzeln gebracht hat, ist die Selbstironie, die Brinkmann an den Tag legt. Er weiß, dass er ein Schluffi ist und fast immer selbst Schuld war, wenn es in einer Mannschaft oder besser mit einem Trainer für ihn nicht lief. Er sucht keine Ausreden, sondern kann in der Rückschau über sich selbst lachen. Und die Leser lässt er teilhaben. So er erzählt er beispielsweise von einer Wette, die er während eines Drittligaspiels mit seinem Gegenspieler abgeschlossen hat. Brinkmann verlor, weil der Gegner eine Tafel Schokolade aus dem Stutzen zaubern konnte: „Die Ecke kommt rein, und ich steh da mit ’ner Ritter Sport in der Hand. Die Ecke habe ich komplett verpasst, fast hätte es eingeschlagen. 100 Euro hat mich der Scheiß auch noch gekostet, und die Schokolade musste ich dann wegwerfen, weil das Spiel noch nicht zu Ende war.“

Ein ausführliches und interessantes Interview mit dem „weißen Brasilianer“ gibt es bei den Kollegen von SGE4ever hinter diesem Link.

Es sind Geschichten aus einer anderen Zeit des professionellen Fußballs, die Ansgar Brinkmann erzählt. Alle, die sich zurücksehnen in die Zeit, als es noch „echte Typen“ in der Liga gab, sind mit diesem Buch sehr gut bedient. Andere lassen sich vielleicht davon überzeugen, dass es als „Fußballbuch des Jahres 2017“ nominiert war.

 

Brinkmann, Ansgar: Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich. Die Werkstatt 2017, 192 Seiten.

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Das Buch wurde mir auf Anfrage vom Verlag zur Verfügung gestellt.