Bevor der Fußball in den USA mit der MLS (Major League Soccer) den Durchbruch geschafft hat, gab es in den 1970er/80er Jahren bereits einen Versuch, eine Liga zu etablieren. In der NASL (North American Soccer League) spielten große Stars wie Pelé, Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Johan Cruyff oder George Best. „Rock‘n’Roll Soccer“ blickt auf die Geschichte und Geschichten der NASL zurück.
WeiterlesenKategorie: Geschichte
Interesting
„Interesting“, die Autobiografie von Steve Davis, ist zugleich eine wirklich lustige Geschichte des Snooker. Mit trockenem, britischen Humor erzählt Steve Davis, was er in seiner Zeit auf der Profitour erlebt hat. Und das ist eine Menge.
WeiterlesenPlanet Basketball
Ist es ein gutes Zeichen, wenn ein Buch den Leser dazu bringt, mitten im Kapitel zu Youtube zu wechseln? In diesem Fall ganz klar ja. Dank „Planet Basketball“ von André Voigt und Jan Hieronimi habe ich so viel NBA geschaut, wie in den letzten 10 Jahren nicht. Vieles davon waren Highlight Reels von Spielern meiner Jugend. Und ich habe Spieler entdeckt, die vor oder nach der Zeit aktiv waren, als NBA-Basketball im FreeTV zu sehen war. Blake Griffin, woah. Wer nach „Planet Basketball“ keinen Bock hat, gleich den nächsten Freicourt anzusteuern, hat diesen Sport nie geliebt.
Vince Carter. Hakeem Olajuwon. LeBron James. Julius Erving. John Stockton. Jedem Basketballfan schießen bei diesen Namen Bilder von Dunks, Blocks, Hakenwürfen oder No-look-Pässen in den Kopf. Und die genannten sind nur ein kleiner Teil der behandelten Spieler.
Das Buch ist in fünf Abschnitte unterteilt („Basketball in D“, „Stars“, „Sorgenkinder“, „Legenden“ und „Bonus“), von denen jeder zahlreiche Kapitel enthält. Immerhin ist „Planet Basketball“ mit 512 Seiten ein echter Brocken. Mir haben die „Sorgenkinder“ und die „Legenden“ am besten gefallen. Grant Hill ist der einzige NBA-Spieler, dessen Shirt ich je besaß. Voigt und Hieronimi widmen dem Forward, der wegen zahlloser Verletzungen die in ihn gesteckten Erwartungen nicht erfüllen konnte, neun Seiten. Earvin „Magic“ Johnson und Larry Bird kannte ich zwar vom Namen her, ihre großen Jahre habe ich aber nicht live erlebt. Hieronimi erzählt in seinen Kurzbiografien so mitreißend von ihrer Rivalität und Freundschaft, dass ich mehrere Stunden in Clips ihrer Highlights abgetaucht bin (zum Beispiel diesem hier).
Am Ende des Legenden-Kapitels findet sich ein Buch-im-Buch. Was Voigt als „NBA-Storys“ in ein Kapitel packt, hätten andere als „111 Gründe, die NBA zu lieben“ gesondert verkauft. Und wären dabei wahrscheinlich weniger originell geblieben. Dieses Kapitel alleine lohnt den Kauf des Buches. Oder hättet ihr gewusst, dass Michael Jordan 1990 einmal mit der Nummer 12 aufgelaufen ist? Am Ende dieses Kapitels gibt es eine Geschichte des Dunks und obendrein noch die Zusammenstellungen „Die besten Dunker aller Zeiten“ und „Die Top-Five-Dunks“. Spätestens da verabschieden sich viele Leser wahrscheinlich wieder länger in die Tiefen der Video-Archive.
Reporter: „Mr. Walker, warum schießen sie so viele Dreier?“ – Antoine Walker: „Weil es keine Vierer gibt.“
Der Großteil der Geschichten entstammt der Basketball-Zeitschrift „Five“, deren Chefredakteur Dre Voigt seit 2003 ist. Das sehe ich nicht als Makel, weil die Geschichten zeitlos sind und viele zudem für das Buch überarbeitet wurden.
Jeder, der Mitte der 1990er Sonntag morgens jump ran geschaut hat, wird an diesem Buch seine helle Freude haben. Allen, die damals noch nicht geboren waren, ist das Buch umso mehr empfohlen. Unterhaltsamer wird die Geschichte des kommerziellen Basketballs nirgends erzählt. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, die derzeit auf meinem Nachttisch liegt.
Die beiden Autoren waren außerdem so nett, mir ein paar Fragen zu ihrer Sicht auf die NBA, Sportbücher und geplante Projekte zu beantworten. Hier geht es zum Interview.
Voigt, André und Jan Hieronimi: Planet Basketball. Full Court Press: 10 Jahre zwischen Kobe und Keyboard. Basketballnerds 2016 (6., akt. Auflage; 2011). 512 Seiten.
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Oder ohne Affiliate Link direkt bei basketballsnerds.de
Das Buch wurde mir auf Anfrage von den Autoren zur Verfügung gestellt.
American Football
Von Sven Morgen
Air Coryell, 4-3 Over oder Restricted Free Agents… Genauso wie die häufigen Menschenknäuel beim American Football sind auch die dazugehörigen Begriffe für Einsteiger ziemlich verwirrend. Adrian Franke (@adrianbb89 bei Twitter), Redakteur für die NFL bei spox.com, hat mit seinem ersten Buch nun eine deutschsprachige Einführung zum American Football geschrieben, die genau dieses Begriffswirrwarr aufschlüsseln möchte. Denn ohne ein paar Grundideen und Konzepte des Spiels zu kennen, dürfte das Schauen von Footballspielen auf Dauer enttäuschend sein. Die Plays dauern meist nur wenige Sekunden. Oft spitzt sich das gesamte Spielgeschehen auf ein einzelnes Play kurz vor Schluss zu, welches dann über Sieg oder Niederlage entscheidet und an dessen Ende der ungeübte Zuschauer meist nicht so genau weiß, was gerade warum passiert ist.
Offense, Defense, Special Teams – alles dabei
Hier setzt Franke in seinem Buch an und zerlegt dieses überaus komplexe Spiel in seine Grundelemente. Dabei erklärt er in einzelnen Kapiteln die Offense, das Laufspiel, die Defense und die Special Teams. So werden zum Beispiel die historische Entstehung und Funktionsweise der einzelnen Offense-Konzepte vorgestellt und erläutert. Nach der Lektüre ist der Leser dann in der Lage, den Unterschied zwischen einer Air Coryell, West Coast Offense und Erhardt-Perkins-Offense und deren jeweiligen Vor- und Nachteile zu erkennen. Er kann dann beispielsweise besser verstehen, warum der Quarterback oft nur kurze Pässe in die Mitte wirft, anstatt den spektakuläreren weiten Touch-Down-Pass zu versuchen. Franke zeigt so die taktische (in den einzelnen Spielzügen) und die strategische Dimension (die Machtpläne und Grundausrichtungen der Teams) auf, die dieses Spiel so besonders und interessant machen. Dies wird immer wieder mit historischen Anekdoten aufgelockert und mit Referenzen zu aktuellen Spielern angereichert.
Ergänzend zu den einzelnen Elementen des Spiels geht Franke auch auf den Rahmen der NFL ein und erläutert den Draft, die Free Agency und den Salary Cap. Hier unterscheidet sich American Football vielleicht am meisten vom Fußball. Das Transfersystem funktioniert nicht über Ablösesummen, sondern über den Draft, bei dem die einzelnen Teams je nach Leistungsstärke in einer bestimmten Abfolge das Recht erhalten, die besten Nachwuchsspieler zu verpflichten. Da dabei die schwächsten Teams die höchsten Draftpicks erhalten, besteht im American Football mittel- und langfristig grundsätzlich eine höhere Chancengleichheit als beim Fußball. Die aktuelle Dominanz der New England Patriots ist dabei als Ausnahme zu verstehen, die mit der besonderen Kombination von Head Coach Bill Belichick und Ausnahme-Quarterback Tom Brady erklärt werden kann.
Franke schafft es in gut strukturierten Kapiteln und durch eine präzise Schreibe, alle Bestandteile des American Football und deren Grundlogik zu erklären. Sinnvolle Taktikgrafiken erhöhen die Verständlichkeit der teilweise recht komplizierten Taktiksysteme im American Football. Das ausführliches Wörterbuch zum Schluss runden die Einführung ab.
Frankes Buch ist der perfekte deutschsprachige Einstieg für all die, die sich intensiver mit American Football und dessen taktischen und strategischen Grundkonzepten beschäftigen wollen. Die Lektüre erhöht auch das Lesevergnügen an Frankes Analysen und Artikel bei spox.com und Twitter. Als Anschlusslektüre wäre „Take your eye off the ball 2.0“ von Pat Kirwan empfohlen, der die einzelnen Spielerpositionen intensiv betrachtet sowie deren Aufgaben und Anforderungsprofile erklärt und damit weitere taktische und strategische Dimensionen zugänglich macht.
Franke, Adrian: American Football. Alles, was man wissen muss. Meyer & Meyer 2018, 200 Seiten.
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„Take your eye off the ball 2.0“ von Pat Kirwan bei Amazon kaufen.
Autor Sven Morgen ist auch bei Twitter unterwegs: @svenmorgen
Revolutionen auf dem Rasen
„Revolutionen auf dem Rasen“ (engl.: „Inverting the Pyramid“) ist wahrscheinlich das moderne Standardwerk zur Geschichte der Fußballtaktik. Vielleicht kann man im fußballaffinen Freundeskreis auch noch Expertenpunkte sammeln, wenn man bei Gelegenheit anmerkt, dass Jimmy Hogan als Vater des ungarischen, österreichischen und deutschen Fußballs gilt. Antwortet jemand aus der Runde, dass Hogan auch Großvater des brasilianischen Fußballs ist, hat er wohl auch das Buch von Jonathan Wilson gelesen. Als moderner Klassiker eröffnet es die Buchsport-Aktion „Klassiker 2017“.
Passen war zunächst verpönt
Wilson baut sein Buch chronologisch auf und beginnt bei den Anfängen des neuzeitlichen Fußballs in England in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Fußball war zunächst ein Dribbelspiel, Passen war verpönt. Erstaunlicherweise brachen die heute eher für ihren rustikalen Stil bekannten Schotten mit dieser Ansicht und entwickelten einen Kurzpassfußball, der lange als Gegenthese zum englischen Spiel galt. Durch englische Trainer und Arbeiter verbreitete sich der Fußball um 1900 durch ganz Europa. Gemessen daran, welchen Stellenwert der Fußball heute einnimmt, ist durchaus bemerkenswert, wie jung dieser Sport eigentlich ist.
So kam auch der oben erwähnte Jimmy Hogan, ein vom schottischen Stil beeinflusster Engländer, zunächst in die Niederlande und kurz später nach Wien, wo er den Aufschwung des österreichischen Fußballs einleitete. Später wirkte er noch in Budapest und Dresden, wo er unter anderem den späteren deutschen Nationaltrainer Helmut Schön traf.
Wilson beleuchtet die Entwicklungen der Fußballtaktik stets aus englischer Perspektive. Er stellt also Entwicklungen in England, beispielsweise die Erfindung des W-M-Systems mit drei (anstatt zwei) Verteidigern durch Herbert Chapman, und die englischen Reaktionen auf kontinentaleuropäische Neuerungen in den Mittelpunkt. Ein Beispiel dafür ist die Einführung des Pressing durch Viktor Maslow bei Torpedo Moskau ab 1942, die den Übergang zum modernen Fußball markiert.
Manche taktische Neuerung ist schon 60 Jahre alt
Die Lektüre führt einem auch des öfteren vor Augen, dass vermeintlich neue Entwicklungen nur Wiederentdeckungen alter Ideen sind. Die heute so häufig erwähnten Dreiecke, in denen die Spieler sich zueinander stellen sollen, um stets mindestens zwei Passoptionen zu haben, gab es bei den Tottenham Hotspurs schon 1950. Und mit dem In-Wort Fluidität, das die Anpassung des Systems durch vielfältige Verwendbarkeit der Spieler bezeichnet, lässt sich schon die ungarische Nationalmannschaft der 1950er Jahre beschreiben.
Der deutsche Fußball spielt in „Revolutionen auf dem Rasen“ so gut wie keine Rolle, was angesichts 18 Europapokalsiegen, vier Welt- und drei Europameisterschaften etwas überraschend scheinen mag. Allerdings waren deutsche Vereine selten Vorreiter in taktischen Dingen. Die perfekte Ergänzung zu Wilsons Buch ist hier „Vom Libero zur Doppelsechs“ von Tobias Escher.
Wilson, Jonathan: Revolutionen auf dem Rasen. Eine Geschichte der Fußballtaktik. Die Werkstatt, 2015 (4., erweiterte Auflage; 2011). 576 Seiten.