Wenige Sportbücher haben mich so berührt, wie „The Great Nowitzki“ von Thomas Pletzinger über den Basketballer Dirk Nowitzki. Ich hatte bei der Lektüre mehrmals Gänsehaut, so intensiv beschreibt Pletzinger die letzte Phase von Nowitzkis Karriere.
Pletzinger hat Nowitzki über sieben Jahre eng begleitet, ihn immer wieder in Dallas besucht und ihn auch bei Werbeterminen oder dem traditionellen Sommertraining mit Mentor Holger Geschwindner getroffen. Der Autor ist in den Schilderungen als Ich-Erzähler teilweise präsent, was zu einem sehr persönlichen, keinesfalls aufdringlichen Tonfall führt. Er ist dabei und lässt uns Leser teilhaben.
Die Beziehung zwischen dem Autor und dem Basketball-Superstar wirkt dabei freundlich-distanziert. Das ist Pletzinger angesichts der im deutschen Sportjournalismus um sich greifenden Kumpelei hoch anzurechnen.
„The Great Nowitzki“ blickt vom letzten Spiel Nowitzkis nach 21 Jahren bei den Dallas Mavericks zurück. Auf die Anfänge in Würzburg, das erste Treffen mit Holger Geschwindner, den Nike Hoop Summit, für den Nowitzki ein Aufstiegsspiel zur ersten Bundesliga seiner DJK Würzburg sausen lässt. Wir sitzen noch einmal mit Dirk im zu großen Anzug, mit zweifelhafter Frisur und Ohrring auf seiner ersten Pressekonferenz in Dallas und gehen gemeinsam mit ihm nach der Enttäuschung in den 2006er Finals in die Umkleide. Pletzinger lässt Weggefährten wie Marvin Willoughby, Robert Garrett und Steve Nash zu Wort kommen und befragt auch Nowitzki zu seinen ehemaligen Mitspielern. Bei all dem geht es Pletzinger darum, das „System Dirk Nowitzki“ zu verstehen – wie konnte Dirk so gut werden, wie über so viele Jahre so gut bleiben? Was treibt ihn an, was macht ihn besonders?
Zusammen mit dem Autor nähern wir uns Antworten auf diese Fragen an. Nach der Lektüre kenne ich Dirk Nowitzki nicht, habe aber eine Ahnung, was er für ein Mensch ist. Es ist Thomas Pletzingers Verdienst, dass er uns einen der besten deutschen Sportler aller Zeiten so nahe bringt. Und er findet dafür auch noch großartige Wortgemälde: „Leere Hallen sind Kathedralen der Möglichkeiten“ und „Wir befanden uns im hoffenden Herzen einer ganzen Stadt“ (in der Umkleide vor dem entscheidenden Playoff Spiel 2012). Ein wirklich tolles Buch.
Eine kleine Warnung noch: „The Great Nowitzki“ verführt dazu, stundenlang in YouTube abzutauchen und Highlights oder sogar ganze Spiele zu schauen. Ideale Ergänzung ist dann noch der Dokumentarfilm „Der perfekte Wurf“, beispielsweise auf Netflix.
Pletzinger, Thomas: The Great Nowitzki. Kiepenheuer & Witsch 2019, 512 Seiten.
Ein Gedanke zu „The Great Nowitzki“