Gleich zwei neue Sportmagazine sind in den letzten Wochen auf den deutschsprachigen Markt gekommen. Worin unterscheiden sich „Socrates“ und „NoSports“? Wenn ich nur eines kaufen sollte, welches wäre das?
Vorab das Zahlenwerk: Socrates erscheint monatlich, hat 116 Seiten und kostet 5,80 Euro. NoSports erscheint alle zwei Monate, hat 140 Seiten und kostet 6,80 Euro. Bevor ich in die Details einsteige, möchte ich zunächst den Mut der Macher begrüßen, mit neuen Magazinen an den Start zu gehen, die mehr zu bieten haben, als Fußball, Fußball, Fußball. Auch wenn uns vom Socrates-Cover Jürgen Klopp anschaut:
Für die erste Ausgabe wollte die Socrates-Redaktion wahrscheinlich auf Nummer sicher gehen und hat sich deshalb für den Liverpool-Coach entschieden. NoSports setzte für Ausgabe No 1 auf Boris Becker. Diesmal trauen sie sich mit Basketballer Dennis Schröder (eingerahmt seinen Teamkollegen Paul Millsap und Dwight Howard) an ein unbekannteres Gesicht.
Die Titel verraten damit schon einen gravierenden Unterschied zwischen den beiden Magazinen. Während NoSports auch NoFootball heißen könnte, enthält Socrates einige Artikel über Fußballspieler und -trainer. Der Unterschied ist leicht zu erklären, denn NoSports ist das Schwesterblatt der etablierten Fußballzeitschrift 11Freunde und wird von der selben Redaktion gemacht. Socrates dagegen ist eigenständig, kommt aber auch nicht aus dem Nichts. Die Sportzeitschrift wurde vor knapp zwei Jahren in der Türkei gegründet und konnte sich dort schnell etablieren. Deutschland ist der erste Auslandsmarkt, den das Magazin erobern soll. Weitere sind schon in Planung.
Der NoSports merkt man im Artwork und Aufbau die Verwandtschaft zu 11Freunde an. Kleine Geschichten, ein lustiger Ticker und ein paar außergewöhnliche Fotos auf den ersten Seiten, dann die Kolumne eines ehemaligen Trainers. Statt Hans Meyer hier Ulli Wegner. Dann folgen die größeren Geschichten: die Titelgeschichte zu Dennis Schröder, eine Aufzählung der größten Rivalitäten der kommenden Wintersportsaison, eine Fotoreportage zu Bodybuildern, ein Porträt des Schachweltmeisters Magnus Carlsen usw. Weitere Sportarten, die in Heft No 2 enthalten sind: Rallye, Boxen, Radsport, Skateboarding, Eishockey, Snooker, Ski Alpin, Speedway. Den Abschluss bildet ein längeres Interview mit einem ehemaligen Sportstar. In Ausgabe Eins war das Jürgen Hingsen, diesmal Jens Weißflog. Dazu sind im Heft verschiedene Kolumnen verteilt: „Ein Leben in Zitaten“, „Lernen von den Profis“, „Vorher – Nachher“, „Praxistest“. Insgesamt eine sehr schöne Bandbreite, auch wenn man einigen Geschichten anmerkt, dass der Protagonist ein neues Produkt zu verkaufen hat (sogenannter „Wetten, dass…-Effekt“). Wer 11Freunde mag und sich für Sport jenseits des Fußballs interessiert, sollte NoSports auf jeden Fall testen.
Socrates versucht den Leser anzusprechen, „für den nicht das Ergebnis wichtig ist, sondern die Geschichte. Nicht die Aktualität, sondern die Nachhaltigkeit. Nicht das Geschlecht oder die Herkunft, sondern die Faszination.“ Titelgeschichte des deutschen Erstlings ist das „Game of Bosses“, eine Porträtserie über die Trainer der Meisterschaftsanwärter der englischen Premier League. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Interviews mit den Coaches der drei Topteams der deutschen Basketballliga. Weitere behandelte Sportarten sind Speerwurf, Radsport, Tennis, Baseball, Handball, Golf. Besonders ist die Zahl an Gastautoren, die Socrates gewinnen konnte: die (ehemaligen) Fußballer Nuri Sahin, Andreas Görlitz und Andreas Beck, sowie Schriftsteller Moritz Rinke. Das Artwork von Socrates setzt neben eingefärbten Fotos auf Zeichnungen, die mit philosophischen Sprüchen angereichert neben passenden Geschichten stehen. Beispielsweise steht eine Zeichnung von Steffi Graf mit einem Zitat von Rudyard Kipling („Wahre Größe beweist nur, wer Triumph und Niederlage gleich behandelt.“; steht auch im Spielertunnel von Wimbledon) neben einem Interview mit Angelique Kerber. Ich habe etwas mit der sehr kleinen Schrift im Magazin gehadert, da dürfen die Macher gerne nachjustieren. Außerdem hätte ich mir besonders zu den Interviews kleine Infokästen gewünscht, die mir etwas Hintergrund vermitteln. Ich bin zwar interessiert am Basketball, konnte den Ausführungen der Trainer aber nicht durchgehend folgen. Das Potential von Socrates zeigt sich vielleicht am besten im Interview mit Julian Nagelsmann. Das sollte für künftige Ausgaben die Richtschnur sein, dann ist Socrates sicher ein starker Player auf dem Markt für Sportmagazine.
Mein Fazit: Momentan hat NoSports leicht die Nase vorne, einen Testkauf ist aber auch Socrates allemal wert. Für mehr Vielfalt in der deutschen Sportberichterstattung.