„Danke, 1Live, dass die größte Bitch im deutschen Fußball bei euch über Vertragstreue sprechen darf.“ (S. 130) In diesem Zitat aus „Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich“ von Ansgar Brinkmann und Autor Peter Schultz ist schon vieles von dem drin, was das Buch ausmacht. Ansgar Brinkmann war Fußballprofi in den drei höchsten Ligen in Deutschland und hat sich vor allem im Westen der Republik getummelt. Immer einen guten Spruch auf den Lippen war er meist Publikumsliebling und kann sich auch heute noch in Bielefeld, Münster und Osnabrück blicken lassen, obwohl er mehrfach bei jedem dieser nicht eben freundschaftlich verbundenen Clubs unter Vertrag stand. Der WDR-Radiosender 1Live lässt ihn seit einigen Jahren in der Kolumne „Der weiße Brasilianer“ das aktuelle Geschehen der Bundesliga kommentieren. Das Buch hält die besten Ausgaben fest.
Ansgar Brinkmann ist einer dieser Spieler von denen heißt, wenn Talent und Lebenswandel zusammengepasst hätten, wäre das eine ganz große Karriere geworden. Er ist aber, das vermittelt das Buch immer wieder, mit sich und seiner Karriere vollkommen im Reinen. Natürlich vermarktet er das Image des natürlichen, gradlinigen Typen, der öfter angeeckt ist und stets einen lockeren Spruch auf den Lippen hat. Das macht er aber glaubwürdig und überhaupt nicht unsympathisch. Deshalb ist es auch in Ordnung, wenn sich im Buch zwei, drei Anekdoten mal wiederholen. Aufgezeichnet sind die kurzen Episoden, die meist zwei Seiten füllen, zwischen 2013 und 2016.
Einer der Hauptgründe, weshalb das Buch mich mehrfach zum Schmunzeln gebracht hat, ist die Selbstironie, die Brinkmann an den Tag legt. Er weiß, dass er ein Schluffi ist und fast immer selbst Schuld war, wenn es in einer Mannschaft oder besser mit einem Trainer für ihn nicht lief. Er sucht keine Ausreden, sondern kann in der Rückschau über sich selbst lachen. Und die Leser lässt er teilhaben. So er erzählt er beispielsweise von einer Wette, die er während eines Drittligaspiels mit seinem Gegenspieler abgeschlossen hat. Brinkmann verlor, weil der Gegner eine Tafel Schokolade aus dem Stutzen zaubern konnte: „Die Ecke kommt rein, und ich steh da mit ’ner Ritter Sport in der Hand. Die Ecke habe ich komplett verpasst, fast hätte es eingeschlagen. 100 Euro hat mich der Scheiß auch noch gekostet, und die Schokolade musste ich dann wegwerfen, weil das Spiel noch nicht zu Ende war.“
Es sind Geschichten aus einer anderen Zeit des professionellen Fußballs, die Ansgar Brinkmann erzählt. Alle, die sich zurücksehnen in die Zeit, als es noch „echte Typen“ in der Liga gab, sind mit diesem Buch sehr gut bedient. Andere lassen sich vielleicht davon überzeugen, dass es als „Fußballbuch des Jahres 2017“ nominiert war.
Brinkmann, Ansgar: Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich. Die Werkstatt 2017, 192 Seiten.
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Das Buch wurde mir auf Anfrage vom Verlag zur Verfügung gestellt.