Ich freue mich sehr auf die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro, und das hat ganz wesentlich mit Ilija Trojanow und seinem neuen Buch zu tun. Für „Meine Olympiade. Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen“ hat der bekannte Autor den Sportler in sich wiederentdeckt und sämtliche Einzelsportarten von Olympia 2012 trainiert. Dabei ist ein Buch entstanden, das auf wunderbare Art zeigt, was hinter der olympischen Gelddruckmaschine oft verborgen ist. Die reine Freude an der Bewegung. An den unterschiedlichsten Arten von Bewegung. Jede Sportart hat ihren Reiz, und Trojanow bringt sie uns alle näher.
Die Schilderung eines Triathlons saugt den Leser direkt ins Buch mit detaillierten Beschreibungen der Wettkampfphasen und des Umfelds, sowie Trojanows selbstironischer Note. Anschließend erklärt er, dass er durch intensiven Fernsehkonsum der Spiele in London animiert wurde, wieder selbst aktiv zu werden. Als Ziel setzte er sich, in jeder messbaren Disziplin halb so gut zu sein, wie der Olympiasieger. Nach einem halben Jahr Grundlagentraining wagte er sich dann an 23 Sportarten und insgesamt 80 Disziplinen. Aus logistischen Gründen trainierte er stets mehrere Sportarten parallel, technische und körperlich anstrengende Sportarten gut gemischt. Und er machte aus Schwierigkeiten das beste und nutzte beispielsweise häufiges Kentern beim Kajakfahren für Schwimmtraining im Freiwasser. Einige Sportarten trainierte er in Ländern, die diesen besonders verbunden sind, Judo in Japan oder Ringen im Iran.
Trojanow erzählt nicht chronologisch, sondern hat die Sportarten kategorisiert, etwa „Im Wasser“, „Auf dem Wasser“, „Kleiner Ball, Großer Ball, Federball“, „Leises Schießen, Lautes Schießen, Tontaubenschießen“. Zudem schweift er öfter in die Frühgeschichte des Sports allgemein oder einzelner Disziplinen ab. So lernen wir beispielsweise, dass die Kampfrichter in der Antike Fehlversuche beim Werfen und Springen mit einem Stockschlag bestraften, oder dass der älteste Medaillengewinner der olympischen Geschichte ein 72 jähriger Schwede war.
Mir hat sehr gut gefallen, dass im Buch jede Sportart ernst genommen, und ihr trotzdem mit Humor begegnet wird. Vom 3000 Meter Hindernislauf etwa schreibt Trojanow, er sei „eine kenianische Disziplin, die irrtümlicherweise in Irland erfunden wurde“. Und für das Imageproblem von Tischtennis findet er herrliches Bild: „Unvorstellbar, dass in einem Hollywoodfilm der Held zur Bestätigung seiner Männlichkeit bei einem Ping-Pong-Workout gezeigt wird.“
Auf die Olympischen Spiele in Rio freue ich mich auch deshalb, weil „Meine Olympiade“ mir die Dimensionen der Leistungen noch einmal klarer gemacht hat. Im Dreisprung etwa springen die besten Männer um die 18 Meter weit. Damit ist jeder der drei Sprünge sechs Meter weit, „eine Länge, die man abschreiten sollte, um die enorme Leistung zu würdigen“.
Von mir bekommt „Meine Olympiade“ eine klare Leseempfehlung. Oder auch Hörempfehlung. Ich habe nämlich – zweimal – das leicht gekürzte Hörbuch gehört. Das ist vom Autor selbst gelesen und dauert etwa siebeneinhalb Stunden.
Trojanow, Ilija: Meine Olympiade. Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen. Fischer, 336 Seiten.
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