Interesting

„Interesting“, die Autobiografie von Steve Davis, ist zugleich eine wirklich lustige Geschichte des Snooker. Mit trockenem, britischen Humor erzählt Steve Davis, was er in seiner Zeit auf der Profitour erlebt hat. Und das ist eine Menge.

Als Eurosport anfing, Snooker auf die deutschen Bildschirme zu bringen, war Steve Davis zwar noch dabei, aber die großen Stars kamen bereits aus der nächsten Generation mit Stephen Hendry an der Spitze. Vor Hendry war Davis jahrelang der dominante Spieler der Tour und siegte fast nach Belieben. Unter anderem gewann er in den 80er Jahren sechs Weltmeisterschaften bei acht Finalteilnahmen und war der erste Spieler, der eine Million Pfund an Preisgeld verdient hat.

In „Interesting“ beschreibt Steve Davis, wie er zum besten Spieler seiner Generation wurde und blickt, für meinen Geschmack teilweise zu detailreich, auf wichtige Spiele zurück. Angefangen hat er mit seinem Vater und dem Buch „How I Play Snooker“ des ehemaligen Profis Joe Davis (nicht verwandt oder verschwägert). Nach dessen Empfehlungen feilte er bis zur Perfektion an seiner Technik. Mit diesem Rüstzeug entwickelte er einen Spielstil, der für heutige Verhältnisse langsam und abwartend wirkt, damals aber ungewöhnlich aggressiv war.

Steve Davis ist einer der erfolgreichsten Snookerspieler der Geschichte. Seine Autobiografie ist „Interesting“.

Snooker war selbst in England ein Randsport, bevor Barry Hearn als Manager für mehr TV-Übertragungen sorgte, insbesondere live. Damit stiegen auch Preisgelder und Werbeeinnahmen in nicht gekannte Höhen. Die Prämie für den WM-Titel kletterte zum Beispiel von 7500 £ 1978 auf 95000 £ zehn Jahre später.

Hearn war gleichzeitig Davis‘ persönlicher Manager und steuerte dessen Aufstieg vom schüchternen Nachwuchsspieler zur unangefochtenen Nummer Eins der Welt.

Ausgesprochen gut hat mir gefallen, dass Davis sehr in sich zu ruhen scheint. Er weiß um seine Bedeutung für den Snookersport und ist stolz auf das Erreichte, beispielsweise die Viertelfinalteilnahmen bei großen Turnieren in fünf Jahrzehnten. Zugleich geht er in der Rückschau kritisch mit sich um. Er habe wenig Kontakt zu den anderen Spielern auf der Tour gesucht, weil er fürchtete, durch Freundschaften könnte ihm in Duellen der Killerinstinkt verloren gehen. Und seine Reaktion auf das Auftauchen von Stephen Hendry als neuem Topspieler findet Davis gut 25 Jahre später wenig souverän.

Der Titel dieser Biografie erzählt bereits viel, was man über Steve Davis wissen möchte. Voll konzentriert auf sein Spiel präsentierte sich der Brite während seiner besten Zeit häufig dröge in Interviews und lies wenig Einblicke in seine Persönlichkeit zu. In der Öffentlichkeit wurde er als langweiliger Perfektionist wahrgenommen. Die Satiresendung „Spitting Image“ erfand daher eine Geschichte, in der sich eine Steve Davis-Puppe einen Spitznamen wünschte, wie in „Hurricane“ Alex Higgins oder „Whirlwind“ Jimmy White hatten. Die Davis-Puppe kam auf „Interesting“, und dieser als Spott gedachte Spitzname setzte sich für den echten Steve Davis durch, der ihn lachend annahm.

Ein Rückblick auf fünfzig Jahren Snooker von jemandem, der mittendrin war und über sich selbst lachen kann. Viel mehr kann man von einer Biografie nicht verlangen.

Davis, Steve: Interesting. My Autobiography. Ebury 2015. 432 Seiten. „Interesting“ bei Amazon kaufen.

* Es gibt eine deutsche Übersetzung dieses Buches. Die Kritiken dazu waren so schlecht, dass ich das englische Original bevorzugt habe.

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